2 - „Fürchte dich nicht!"
Guten Morgen, verehrte Hörerinnen und Hörer!
„Wenn ich nicht gut drauf bin, spiele ich mir immer wieder dieses Lied vor“. Martin, einer unserer Messdiener, hatte die dazugehörige Musik-Cassette für mich kopiert, das Oratorium „Elias“ mit jenem ausdrucksstarken Chorsatz: „Fürchte dich nicht!“, Ermutigung für ein verängstigtes und gedemütigtes Volk. – Ein erstaunlicher Musikgeschmack für einen 17Jährigen. Aber Recht hat er! Was könnte Gottes Zusage besser auf den Punkt bringen, gerade auch wenn man traurig, enttäuscht, frustriert oder einfach nur genervt ist?! „Fürchte dich nicht! Ich bin mit dir, spricht unser Gott.“ Ein großes Wort, und Mendelssohn-Bartholdy hat dazu eine großartige Musik geschrieben, Hommage an jenen Mann Gottes, der es ganz allein mit 450 heidnischen Priestern aufnimmt: der eine wahre Prophet und die vielen Wahrsager.
Das Ganze spielt bereits vor stolzen 2800 Jahren. Also reichlich „alte Kamellen“, könnte man sagen, an denen man aber immer noch ganz gut kauen kann. Denn so ganz unbekannt sollte uns das Szenario nicht vorkommen. Wieder einmal können sich die Leute nicht entscheiden, mit welchem Gott sie es halten wollen bleiben schließlich bei irgendwelchen Modegottheiten hängen: Lauter Nichtse, wie die Bibel sie nennt, aber eben doch nicht ohne Reiz für die leicht zu manipulierenden Israeliten. „Wie lange noch schwankt ihr nach zwei Seiten?“ stellt der Prophet das Volk zur Rede. Dabei hatten sie doch erlebt, wer sie aus dem „Sklavenhaus“ in Ägypten herausgeführt hatte, mitten hindurch durch weglose Wüste, hinein in das verheißene Land, wo vielleicht nicht immer Milch und Honig fließt, aber das Volk doch ein gutes Auskommen hat.
Es braucht wohl zu allen Zeiten Menschen wie jenen Elija, der sich nicht verbiegen und sich nichts vormachen lässt. Der die Menschen daran erinnert, wer wirklich Gott ist und von wem allein Hilfe und Rettung kommen kann.
Denn die Grundfrage stellt sich heute genauso wie vor fast 3000 Jahren: Wofür stehe ich? Beziehe ich Stellung und bekenne ich mich zum wahren, lebendigen Gott, oder ziehe ich mich auf die Zuschauerbank zurück und beobachte interessiert, vielleicht auch amüsiert, welcher Prophet am Ende gewinnt, und welcher Gott sich als der wahre erweist.
Gott will mehr: er will, dass wir zu ihm stehen, wie er für uns einsteht. Warum habe ich denn Hemmungen, beim Kegelausflug etwa anzumerken, dass ich am Sonntag gern in die Kirche gehen würde; oder warum geniere ich mich, im Krankenhaus darum zu bitten, dass ich mit einem Pfarrer sprechen möchte? Viele meiner Abiturkollegen haben erst nach Jahren erfahren, dass ich Theologie studierte und Priester werden wollte. Ich war einfach schüchtern, und auch ein bisschen feige.
Elija, der letzte noch übrig gebliebene Prophet, hat den Mut, sich gegen die vielen falschen Wahrsager zu stellen und in einer machtvollen Demonstration die Stärke des einzigen und wahren Gottes zu erweisen – vielleicht eine Anregung, auch heute selbstbewusster aufzutreten und seine Einstellung nicht zu leugnen.
„Fürchte dich nicht, ich bin mit dir!“ Die Zusage Gottes gilt. Auch heute, besonders da, wo wir gefordert sind, zu unserem Glauben zu stehen und persönlich Stellung zu beziehen.
Insofern ist es gar keine schlechte Idee, sich jenes Wort fest einzuprägen, es sich wieder und wieder ins Gedächtnis zu rufen, meinetwegen auch in der Vertonung von Mendelssohn, auf dass es in uns zur Lebensmelodie wird, die in all unserem Denken, Reden und Tun durchklingt. „Ich fürchte mich nicht. Denn ich weiß: Gott ist mit mir.“