| Anzeiger für die Seelsorge

Ostern feiern

Kolumne

Wir aber hatten gehofft ...“ (Lk 24,21) - Verzagte Klage. Unerfüllte Sehnsucht. Enttäuschung derer, die alles auf eine Karte gesetzt, sich mit all ihrer Kraft und aus tiefster Überzeugung für den „Neuen Weg“ eingesetzt hatten: einen Weg zu mehr Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Frieden. Doch ihr Hoffnungsträger und Heilsbringer war schmählich gestorben, ausgeliefert von den eigenen Religionsfunktionären und exekutiert von der Besatzungsmacht. „Wir aber hatten gehofft“, so zieht sich durch die Geschichte immer wieder die Klage all jener, die auf das Heilswirken Gottes und die Durchsetzungskraft des Göttlichen warten und doch gewärtigen müssen, dass die widergöttlichen Kräfte, wie es aussieht, stärker sind, ja selbst die Beharrungskräfte innerhalb des religiösen Systems und die Widerstände der eigenen Glaubensgenossen gegenüber geistlichen Aufbrüchen.

Auf dem Weg zurück in ihr altes Leben, aus dem sie mit so viel Idealismus und hochfliegenden Hoffnungen aufgebrochen waren, machen die Emmausjünger, von denen hier die Rede ist, ihrer Enttäuschung Luft und erzählen ihrem scheinbar unbedarften Wegbegleiter von ihrer Vergeblichkeitserfahrung. Es ist nicht zufällig, dass ihnen erst im Nachhinein aufgeht, wie sehr ihnen das verstehende Zuhören und unverstellte Nachfragen ihres Weggefährten den Blick dafür geöffnet hat, was im Letzten das Geheimnis des Wirkens Gottes ist: dass er durch die Erfahrung des Scheiterns hindurch Heil wirkt und Erlösung sich ereignet.

Es liegt mir fern, diese geistliche Wirklichkeit österlicher Weggemeinschaft mit dem Auferstandenen zu banalisieren, zu psychologisieren oder pastoral zu instrumentalisieren. Jesus ist nicht der Supervisor oder Coach der Emmausjünger. Aber er ist als der Auferstandene da und geht mit. Und wahr ist auch, dass sich schon die frühe Kirche in dieser Emmaus-Weggemeinschaft selbst erkannt hat, ahnend und bekennend, dass und wie Gott Heil wirkt. Eine Erfahrung, die auch Paulus in seinen Briefen bestätigt. „Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi.“ (2 Kor 4,6). Kirche als Resonanzraum des Göttlichen: zwei oder drei, vereint im Namen Jesu (vgl. Mt 18,20): das ist kein pastoraler Trick und keine Organisationsformel, sondern eine geistlich-österliche Wirklichkeit, die man nicht „machen“ und schon gar nicht erzwingen kann. Gleichwohl steht die Zusage des Herrn, er werde in der Mitte der Seinen sein, die entsprechend dem „Gebot Jesu“, im Geist gegenseitiger Liebe (vgl. Joh 15,12) verbunden sind.

Ostern feiern: das lädt zum Lebensvollzug des Mysterium Paschale ein - hineingenommen sein in die tiefe geistlich-menschliche Einheit im Abendmahlssaal, in die Leidensgemeinschaft mit dem Gekreuzigten und Verlassenen, in die Weggemeinschaft mit dem Auferstandenen. “Easter People”, so hatte sich die Katholische Kirche in England und Wales auf ihrem Nationalen Pastoralkongress 1980 selbst bezeichnet (vgl. das gleichnamige Dokument) und damit deutlich gemacht, dass das nicht nur für die heiligen drei Tage einmal im Jahr gilt. Es ist das Identitätsmerkmal der Christen. Das muss keineswegs mit einem süßlichen Lächeln verbunden sein und kann auch nicht daran festgemacht werden, ob mitten am Tag, gewissermaßen aus heiterem Himmel, ein „Fest der Auferstehung“ über einen kommt. Es würde genügen, sich wie die Emmausjünger sich mit Gleichgesinnten auszutauschen über die je eigenen Hoffnungen und Enttäuschungen, darüber, dass man an die Liebe Gottes glaubt und sich nach Kräften um das Kommen des Reiches Gottes müht. Wie sollte da der Auferstandene nicht mitgehen, den Seinen Trost und Zuversicht spenden und in ihrem Herzen jenen Frieden aufsteigen lassen, den die Welt nicht kennt!

Tell the story! - Unter diesem Motto war und bin ich oft mit Jugendlichen und Studierenden „unterwegs“, gewissermaßen im Format geistlicher Weggemeinschaft, in der wir uns im vertrauten und vertraulichen Rahmen gegenseitig Anteil geben an der je eigenen Lebens- und Glaubensgeschichte. Auch das kann man nicht „machen“ – nicht organisieren und nicht verordnen, aber wo es sich schenkt, wird es für alle Beteiligten zu einer kostbaren Ostererfahrung, die (oft erst im Nachhinein) zur Gewissheit des „brennenden Herzens“ wird (vgl. Lk 24,32). Daraus entsteht dieselbe Dynamik, wie sie sich spontan bei den Emmausjüngern einstellte, die sich gedrängt fühlten, weiterzugeben, was sei selbst erfahren haben. ihre Ostererfahrung weiterzugeben. „Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!“ Damit Ostern wird.