„Von Gott geliebt - Chiara Lubich"
Gott kommt an. Nicht nur an Weihnachten. Manchmal ist es eine Begegnung, ein Ereignis, ein Gedanke, der mit Gott in Berührung bringt. Überraschend. Ohne Vorwarnung.
Für Chiara Lubich, die Gründerin der Fokolar-Bewegung, war es das Wort eines Priesters, das ihr ganzes Gottesbild durcheinander brachte: „Sie müssen wissen: Gott liebt Sie unendlich“. Für die damals noch junge Lehrerin war das wie eine Offenbarung: Gott - kein Gott der Rache? Kein gestrenger Aufpasser und oberste moralische Instanz, der nichts entgeht und der nichts recht zu machen ist? Kein Gott, der durch Leistung – durch Gebete, Opfer, Messen, Verzicht ... zufrieden zu stellen ist? - Es war die Entdeckung ihres Lebens: Gott liebt mich unendlich!
Sie fing an, sich intensiver für diesen Gott zu interessieren. Sie las mit ihren Freundinnen in der Bibel, entdeckte, dass Gott groß im Verzeihen ist, während um sie herum –mitten im 2. Weltkriegs – nur Hass und Angst und Verzweiflung herrschte. Das Evangelium lehrte sie, dass man die Worte Jesu ernst nehmen, zum Lebensprogramm machen konnte. Dass sie diesen Gott, der sie liebte wieder lieben konnte: im Gebet und in der Andacht, aber auch in den Nächsten, der alten Frau, dem verängstigten Kind, dem hilflosen Nachbarn. Sie fing an, in den Nöten des Krieges ihre Habseligkeiten mit denen zu teilen, die noch weniger hatten als sie. Und es blieb nicht aus, dass andere auf sie aufmerksam wurden und ebenfalls mitmachten, der Liebe ein Gesicht zu geben. Sie lebte für diesen Gott, der sie liebte, und andere folgten ihr.
Wenn sie den ganzen Tag über versucht hatte, um Gottes willen die Menschen zu lieben, die ihr begegneten: konkret, mit Herz und Verstand, mit Arbeit und dem Einsatz an Zeit, Geduld, Verständnis ..., dann fühlte sie sich am Abend, wenn sie allein war, Gott besonders nah. Es stimmte also, auch heute, nach 2000 Jahren, was Jesus seinen Jüngern ans Herz gelegt hatte: „Wer mich liebt, dem … werde ich mich offenbaren“ (Joh 14,21). Und was Johannes später in einem Brief an die christlichen Gemeinden schrieb, konnte sie aus eigener Erfahrung bestätigen: „Wir sind vom Tod zum Leben hinüber gegangen, weil wir die Brüder – resp. Schwestern – lieben.“ (1 Joh 4,…) Leben bekam so einen volleren, erfüllteren Klang,
Es war daher nur konsequent, dass sie sich schon bald entschied, ihr ganzes Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Verbindlich, persönlich, unspektakulär. Ihre Weihe an Gott erfolgte in einem schlichten Gottesdienst, am 7. Dezember 1943, also vor fast genau 60 Jahren. Und Hunderttausende haben es ihr seither gleichgetan, rund um den Erdball. Ihr persönliches „ja“ zu Gott war der Anstoß für eine der großen geistlichen Aufbrüche in unserer Zeit. Für mich ein überzeugender Beweis: Gott kommt an. Auch heute.